Kings Canyon, Spaziergang am Abgrund
Wer den Kings Canyon im Watarrka-Nationalpark im schönsten Licht erleben will, muss früh aufstehen. Gleich nach einem Frühstück packen wir unsere Koffer und fahren auf dem Larapinta Drive weiter nach Süden. Nur 6 Kilometer vom Kings Canyon Resort entfernt führt eine Zufahrtstraße direkt zum Canyon. Wir trauen unseren Augen nicht. Ein Dingo streift durch die Wüstenlandschaft und versperrt uns den Weg. Der Wildhund in Down Under sieht gar nicht so gefährlich aus, eher wie ein normales Haustier. Am Parkplatz der Touristenattraktion staunen wir nicht schlecht. Viele Besucher sind bereits vor uns da. Der Kings Canyon ist die größte Schlucht und eines der spektakulären Naturwunder. Die Australier bezeichnen ihn gerne als den Grand Canyon Australiens.
Bis zu 300 Meter hohe steil aufragende rote Felswände aus Sandstein bieten einen grandiosen Ausblick. Zu Fuß kann man den Canyon am besten erkunden. Genau das machen wir und schnüren unsere Wanderschuhe. Der Himmel ist heute wolkenlos, dazu weht ein kühles Lüftchen. Im Sommer steigen die Temperaturen auf 40 Grad und mehr. Die beste Reisezeit ist von März bis Oktober. Der Kings Canyon kann auf zwei Wanderwegen erkundet werden. Es gibt einen kurzen und einen langen Weg. Der Kings Creek Walk ist weniger anstrengend und führt über ein Flussbett durch dichte Farne und Eukalyten zu einer Aussichtsplattform. Dort bietet sich ein Blick auf die steil aufragenden Felsklippen. Die Dauer des 2,6 Kilometer langen Weges beträgt etwa 1 Stunde. Der Kings Canyon Walk dauert 3 bis 4 Stunden und ist deutlich anspruchsvoller. Der 6 Kilometer lange Wanderweg führt um den Canyon herum. Dafür bietet er einen grandiosen Ausblick über die Schlucht oder auf das geschützte Tal „Garden of Eden“ und die „Lost City“.
Unsere Entscheidung ist gefallen. Wir sammeln unsere Kräfte für den Kings Canyon Walk. Mit gutem Schuhwerk und ausreichend Trinkwasser ausgerüstet kann es losgehen. Vom Parkplatz gehen wir an einem Wegweiser vorbei Richtung Aufstieg. Gleich zu Beginn der Wanderung sind die ersten 100 Höhenmeter über eine steile Felsentreppe zu absolvieren. Selbst bei sonnigen aber noch recht frischen Temperaturen ist der Anstieg eine schweißtreibende Angelegenheit. In der Mittagshitze wäre das schon fast unerträglich. Oben angekommen genießen wir das Morgenlicht mit einem fantastischen Ausblick auf die farbenprächtigen Felsen.
Den größten Teil des Rundweges klettern wir am Rand einer steil abfallenden Felsenschlucht entlang. Auf dem Plateau führen diverse Abzweigungen zu verschiedenen Aussichtspunkten. Immer wieder bieten sich neue überwältigende Ausblicke. Eine Absturzgefahr besteht zu keiner Stelle, solange man die Hinweisschilder beachtet und sich auf den Wanderwegen bewegt. Über Stock und Stein geht es vorbei an bizarren Felsformationen. Der Schweiß läuft uns von der Stirn, so viel gibt es zu entdecken. Sogar malerische Geister-Eukalypten wachsen auf dem Canyon. Wie kommt so ein Baum überhaupt auf einen Felsen? Tiere sehen wir so gut wie keine. Nur eine Eidechse lässt sich beim Sonnenbaden beobachten. Dafür machen wir eine nette Bekanntschaft mit einem jungen Paar aus Köln.
Auf halber Strecke überspannt eine Brücke das Tal. Unmittelbar daneben führt eine Treppe abwärts zum „Garden of Eden“. Hierbei handelt es sich um eine grüne Oase mit einem ganzjährigen Wasserloch, das von subtropischen Pflanzen umgeben ist. Wieder zurück auf dem Plateau genießen wir den Ausblick von der gegenüberliegenden Seite des Kings Canyon. Der Rückweg zum Parkplatz führt uns zur „Lost City“. Die Landschaft beeindruckt durch eine Vielzahl an Sandsteinkuppeln, die durch Erosion entstanden sind. Wenn man genau hinsieht, ähneln sie kleinen markanten Häusern. Der gesamte Rundweg ist auch für ungeübte Wanderer problemlos zu bewältigen. Der Abstieg ist körperlich weniger anstrengend als der Aufstieg. Es ist empfehlenswert vor der Mittagshitze zurück am Parkplatz zu sein. Reichlich Trinkwasser gehört ins Gepäck! Uns hat der Kings Canyon Walk sehr gut gefallen. Es ist unsere bisher schönste Wanderung in Australien.
Lasseter Highway – schnurgeradeaus zum weltbekannten Uluṟu (Ayers Rock)
Auf geht's zu neuen Abenteuern! Nach einer Erfrischungspause lassen wir den Kings Canyon hinter uns und setzen unsere Reise fort. Die Luritja Road führt uns an Kathleen Springs und der Kings Creek Station vorbei, wo unser Allrad-SUV erst mal vollgetankt wird. Das Benzin ist 10 Cent günstiger als im Kings Canyon Resort. Der Straße folgend erreichen wir nach 161 Kilometern den Lasseter Highway. Er ist Teil der Red Centre Way und verbindet die Nationalparks Watarrka und Uluṟu-Kata-Tjuṯa. Unsere Route durchs rote Zentrum führt schnurgeradeaus nach Westen zum weltbekannten Uluṟu (Ayers Rock). Während der Fahrt kreuzt eine Herde Wildpferde unseren Weg. Ansonsten gibt es außer Wüstenlandschaften nicht viel zu entdecken. Je weiter wir fahren, desto wolkiger wird es. Nach tagelangem Sonnenschein machen wir uns zum ersten Mal Gedanken über die Wettervorhersage. Der Himmel wird immer schwärzer und Regenwolken ziehen sich zusammen. In der Ferne ragt ein Tafelberg aus der Ebene empor. Beinahe hätten wir den Mount Conner für den Uluṟu gehalten. Aufgrund des schlechten Wetters lassen wir den Berg links liegen und gönnen uns stattdessen eine Kaffeepause im Curtin Springs Cattle Station.
Ayers Rock Resort – Urlaubskomplex in der Mitte von nirgendwo
Nach über 3 Stunden Autofahrt sind wir am späten Nachmittag in Yulara angekommen, das meist als Ayers Rock Resort bezeichnet wird. Nach der Ankunft ist es vorbei mit unserer trauten Zweisamkeit. Der Name ist Programm, denn es wimmelt förmlich an Touristenmassen. Der Urlaubskomplex in der Mitte von nirgendwo bietet seinen Besuchern Hotelanlagen in verschiedenen Kategorien, einen Campingplatz, Geschäfte, Restaurants und eine Tankstelle. Die Gebäude sind durch den Yulara Drive, eine Rundstraße miteinander verbunden. Das Resort ist nicht nur ein Versorgungszentrum, sondern auch Ausgangpunkt zum Uluṟu-Kata-Tjuṯa-Nationalpark. Wir werden für zwei Nächte im Emu Walk Apartments verbringen. Die renovierte Wohnung ist besser als ihr Ruf. Die Zimmer bieten alles, was man braucht. Es gibt eine gut ausgestattete Küche und im Bad eine Waschmaschine sowie einen Trockner. Das Ayers Rock Resort hat sogar einen Supermarkt, allerdings ist er ungewohnt teuer. Nach dem Einkauf erleben wir eine unangenehme Überraschung. Diverse Verpackungen wurden bereits geöffnet und zu einem Drittel entwendet. Ist euch so was schon passiert? Wir haben einen Verdacht. Irgendein Schmarotzer wird es wohl gewesen sein. Davon sind im Outback mehr unterwegs, als man glaubt. Nachdem alle Vorräte verstaut sind, haben wir endlich Zeit zum Entspannen.
Field of Lights – wo die Wüste magisch funkelt
Heute erwartet uns ein ganz besonderes Abendprogramm. Wenn die Sonne am Horizont untergeht und die Dämmerung einsetzt, erwacht am Uluṟu das „Field of Light“. Tausende Glaskugeln erstrahlen und verwandeln die australische Wüste in ein bezauberndes Meer aus Lichtern und Farben. Mit dem Field of Light Pass werden wir 30 Minuten vor Sonnenuntergang am Hotel abgeholt und mit dem Bus zum Gelände gefahren. Die Tickets hatten wir bereits für je 35 AUD im Internet vorgebucht. Der britische Lichtkünstler Bruce Munro installierte auf einer Fläche von vier Fußballfeldern über 50.000 farbige LEDs aus mattiertem Glas auf hüfthohen Stäben. Die solarbetriebenen Lichtkegel sind durch Glasfaser miteinander verbunden und erwecken einen natürlichen und organischen Eindruck. Als Besucher dürfen wir durch das Lichtermeer spazieren und uns von den zahlreichen bunten Glühlämpchen verzaubern lassen. Leider ist das Fotografieren mit Stativ verboten. Wir müssen improvisieren, um die Lichter auf unseren Urlaubsfotos in Szene zu setzen. Voraussichtlich bis März 2018 kann man die beeindruckende Lichtinstallation zu bestaunen. Die Dauer des Ausfluges beträgt inklusive Transfer etwa 2 Stunden. Nett gemacht aber kein Muss. Lohnenswert ist der Ausflug nur, wenn man hier vorbeikommt!